"Wir machen einfach!"
Motto unseres Teamevents |
Das war das Motto unseres gestrigen Teamevents. Wir ich bereits geschrieben habe, veranstaltet unsere Abteilung jedes Jahr zwei große Teamevents für alle 70 Mitarbeiter, die über zwei Standorte in Deutschland verteilt sind.
Wir sollen uns kennenlernen, zusammenwachsen und ein Team werden.
Das hat gestern bestens geklappt. Ich habe noch so viele Eindrücke, die in meinen Gedanken rumschwirren und bin immernoch tief bewegt.
Was haben wir gemacht? Wir haben uns nicht im Kletterpark oder bei einer Raftingtour getroffen - nein, wir haben uns ein Kinderheim ausgesucht, dass tatkräftige Hilfe dringend benötigen kann.
Also haben wir uns gestern früh um 9 Uhr auf dem Parkplatz des Kinderheimes eingefunden. Für den Event haben wir extra T-Shirts und Basecaps machen lassen, die wir an unsere Kolleginnen und Kollegen verteilt haben.
Was für anfängliches Naserümpfen sorgte ("Warum geben wir so viel Geld für T-Shirts aus anstatt es zu spenden?" - "Die T-Shirts sehen doof aus." etc.) hat dann aber jedem nach einer kurzen Erklärung eingeleuchtet.
Einerseits geht es ums Team - also ein einheitliches Auftreten.
Andererseits beschmutzt man so nicht die eigene Bekleidung.
Und zuletzt (der wichtigste Grund): wir sind fremde Erwachsene auf einem Kinderheim-Gelände. Jeder muss auf den ersten Blick erkennen, dass wir zu der Truppe gehören.
Also unter leiser werdendem Murren haben alle die T-Shirts und Basecaps angezogen.
Der Heimleiter hat uns dann begrüßt, ein paar Worte über das Kinderheim gesagt und uns ein paar Verhaltensregeln mit auf den Weg gegeben. Wie wir uns zu verhalten haben, wenn bspw. die Polizei kommt und ein Kind bringt. "Verbringung durch das Jugendamt" heißt das in nüchterner Amtssprache.
Beim lustigen fotografieren ist immer darauf zu achten, keine Kinder mit auf dem Bild zu haben.
Spätestens jetzt merken auch die letzten unserer Kollegen, dass schale Witze fehl am Platz sind und es hier nicht um eine doofe dienstliche Veranstaltung geht, sondern jedes Kind, das uns über den Weg läuft, eine Geschichte mitbringt.
Und spätestens ab Mittag, sobald die Schule aus ist, werden uns die Kinder über den Weg laufen.
Da wir uns bereits im Vorfeld in vier Gruppen eingeteilt hatten, haben sich die jeweiligen Gruppen schnell zusammengefunden und die weiteren Schritte besprochen.
1) Sand
Das Kinderheim verfügt über einen Wasserspielplatz mit dreckigem Sand und ein Spielgerät (Klettergerüst) das gar nicht genutzt werden darf, weil überhaupt kein Sand drunter und drumherum liegt.
Aufgabe für Gruppe Sand: besorgt 34 Tonnen Sand für beide Spielplätze, organisiert die Anlieferung des Spielsandes, besorgt Schubkarren, Schaufeln, Arbeitshandschuhe etc. Bereitet den Untergrund vor und verteilt den Sand auf beiden Spielplätzen.
Ergebnis: alles geschafft! Check!
So sah das eine Spielgerät vorher aus |
zwei große LKW mit Sandladungen kamen an - insgesamt ca. 34 Tonnen |
Schubkarre um Schubkarre wurde geschippt und getan |
so sieht der eine Spielplatz fertig aus |
so sieht der andere Spielplatz fertig aus |
2) Fahrrad
Das Kinderheim verfügt über viele Kinderfahrräder - die meisten davon kaputt.
Aufgabe für Gruppe Fahrrad: repariert 50 Kinderfahrräder, prüft, welche Beschädigungen vorliegen und welche Materialien (Ersatzteile, Werkzeuge) benötigt werden.
Ergebnis: bis auf drei unrettbare Fälle (gebrochene Lager bzw. Rahmen) wurden sämtliche Fahrräder repariert.
ohne Werkzeug keine Reparatur möglich |
hier sind feinmotorische Tätigkeiten zu erledigen |
eins von vielen Fahrrädern.... |
nur eine kleine Auswahl der zu reparierenden Fahrräder |
wie kann man bei diesen ganzen Fahrrädern den Überblick behalten? |
jedes Fahrrad wurde vorher durchgecheckt und mit einem Zettel versehen, auf dem stand, was zu tun ist |
zu reparierende Fahrräder |
die Luftpumpe - das am meisten benutzte Werkzeug |
alles Ersatzteile |
helfende Hände |
3) Streichen (in dieser Gruppe war ich)
Die Anstriche in den Kinderzimmern sind nicht mehr die Besten. Wandkritzeleien, Fingerabdrücke und Dreck haben ihre Spuren hinterlassen.
Aufgabe für Gruppe Streichen: besorgt genügend Materialien, um 6 Kinderzimmer komplett mit Decken weiß zu streichen. Sollte noch Zeit sein, sind noch drei Badezimmer zu streichen und die Kinderzimmer mit bunten Quadraten an den Wänden zu versehen.
Ergebnis: bis auf ein Bad haben wir alle Zimmer mit weißem Farbanstrich incl. bunter Quadrate geschafft
unsere Einkaufsliste im Baumarkt vom Vortag. Am Tag selbst mussten alle Materialien schon vor Ort sein. |
man sieht - wir sind Organisationsprofis :) |
auch die Decken mussten gestrichen werden |
abkleben - keine sehr beliebte Arbeit |
und strecken - und recken! |
im Flur wurde alles zwischengelagert... |
... um in den Räumen zu streichen |
auch die Kinder wollten mithelfen! |
4) Verpflegung
Wer arbeitet möchte auch etwas essen!
Aufgabe für die Gruppe Verpflegung: sorgt für das leibliche Wohl aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie der Erzieherinnen vor Ort mit allen Kindern. Frühstück, Mittagessen, Abendessen und Getränke.
Ergebnis: alles geschafft
Alle Einkäufe wurden erstmal gesammelt |
Frühstück! |
Frühstück! |
zum Nachtisch gab es Schokoladen- und Vanillepudding |
und abends haben wir alle zusammen gegrillt |
Unsere notorischen Nörgler, die immer an allem was auszusetzen haben, waren von vorn herein nicht mit dabei oder verstummten mit voranschreitender Zeit.
Als wir begannen uns in Teams einzuteilen und die Kinderzimmer zum Streichen abzukleben, hat keiner mehr an Frühstück gedacht, das uns eine Stunde später die erste Pause bereiten sollte. Jeder war so in seine Aufgabe vertieft und wollte die Sache gut machen. Was als Teamevent begann wurde ganz schnell zur persönlichen Herzensangelegenheit. Wir wollten, dass die Kinder sich freuen und wohlfühlen. Es sollte schön sein! Es wurde nicht gepfuscht - man wollte es perfekt machen.
Das hat so viel Spaß gemacht, dass wir sogar das Frühstück vergessen haben. Die Gruppe Verpflegung war dann aber so nett, und ist einfach mit gefüllten Tabletts von Gruppe zu Gruppe gegangen, um uns zu versorgen. Das ist Teamarbeit!
Als sich die Kinder ab Mittag einfach mit unter uns gemischt haben und unbedingt mithelfen wollten, gab es keine Berührungsängste. Wer wollte, durfte überall helfen.
Das neunjährige Mädchen, dessen Zimmer meine Kollegin und ich gestrichen haben, hat uns Löcher in den Bauch gefragt. Wer wir sind und ob Maler denn ein toller Beruf wäre. Als sie uns fragte, wie alt wir sind und meine Kollegin darauf antwortete, dass sie 29 Jahre als sei, sagte das Mädchen, sie wäre auch gerne 29.
Dann berichtete sie ganz stolz von ihrem Papa. Ihr Papa würde ihr alle Sachen kaufen, die sie möchte. Das ließ mich innehalten und ich dachte spontan: "Mäuschen, warum bist Du dann hier??" Natürlich haben wir aber nur anerkennende Oooohs und Aaaaaahs gemacht, als sie all ihre Geschenke von Papa aufzählte.
Zu dem Zeitpunkt war dann auch die Mittagspause nur noch eine lästige Unterbrechung. Schnell runterrennen, Leberkäse-Brötchen, Kartoffelsalat, Würstchen und Obst essen - dann wieder rauf ins Zimmer - weitermachen.
Wer fertig mit dem zugeteilten Zimmer war, hat den anderen 2er-Streich-Teams in den größeren Zimmern geholfen. Oder hat gleich mit einem Bad angefangen.
Die Kinder, die uns geholfen haben, wurden von uns auch mit Maleranzügen ausgestattet. Wir haben einfach die Ärmel und Beine abgeschnitten - und fertig waren die Schlümpfe, die zwischen uns rumgerannt sind und immer fragten, wo sie denn jetzt auch endlich mal streichen dürften.
Selbst unser zynischster Kollege konnte dem Charme der kleinen Schlümpfe nicht widerstehen.
Gruppenfoto mit allen fleißigen Helfern - und DAS bin ich |
Ich hoffe, dass mir die Begegnung mit diesen tollen Kindern noch lange in Erinnerung bleibt.Und ich immer mal wieder daran denke, wenn sich meine Gedanken um meine erste-Welt-Probleme drehen.
So einfach - vom Teamevent zur Herzensangelegenheit. <3